Großmutter: Julieta Casimiro | Mazateken, Mexiko
Großmutter Julieta Casimiro ist eine Stammesälteste der Mazateken. Sie lebt im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca in der Sierra Madre. Sie hat zehn Kinder, ist Sozialbetreuerin in ihrer Gemeinde und eine Curandera, eine Heilerin. In den letzten vierzig Jahren sind Menschen aus der ganzen Welt zu ihr gekommen, um an ihren Zeremonien teilzunehmen und Heilung und Ratschläge für ihr Leben zu erhalten. Julieta wurde 1936 als eines von neun Kindern in der Stadt von Huautla de Jimenéz geboren. Bereits mit fünfzehn Jahren traf sie ihren späteren Ehemann, Lucio Isaías Pineda Carrera , den sie zwei Jahre danach heiratete und mit ihm eine Familie gründete. Großmutter Julieta war siebzehn Jahre alt, als ihre Schwiegermutter, selbst eine Heilerin, sie mit den „heiligen Kindern“ (Niños Santos) vertraut machte, den heiligen Pilzen Teonanacatl. Großmutter Julieta hat die Pilze gemeinsam mit der Mutter ihres Ehemannes häufig eingenommen und ihre Beziehung zu Gott durch die Weisheit, die sie dabei erlangte, vertieft. All das Wissen, das sie erfuhr, inspirierte Großmutter Julieta, Menschen dazu einzuladen, mit ihr zu reisen und ihre Arbeit mit anderen zu teilen. Teonanacatl bedeutet wortwörtlich „das Fleisch der Götter“ und ist die Grundlage einer wichtigen und hoch entwickelten spirituellen Tradition Mittelamerikas, die auf die Zeit 5.000 v.Chr. zurückgeht.
Für die Arbeit von Großmutter Julieta sind die Herrin des Mondes, die Herrin der Sonne, die Herrin der Sterne und die Jungfrau von Guadeloupe von besonderer Wichtigkeit. Die Jungfrau von Guadeloupe ist die Schutzheilige Mexikos und die menschliche Verkörperung der alten Erdgöttin Coatlique, die schon jahrhundertelang von den Menschen verehrt wurde.
Die machtvolle Beziehung zwischen Großmutter Julieta und der Guadeloupe gibt ihr Kraft. Ihr Leben und ihre Arbeit mit den wesentlichen weiblichen Eigenschaften, wie Mitgefühl, Geduld, Barmherzigkeit und ewiger Liebe, sind alle in Erdsymbolen und unsichtbaren Energien begründet. „Ich gehe meiner Arbeit nach, weil die Jungfrau von Guadeloupe sie erleuchtet und mir das Licht des Wissens verleiht. Sie ist mir wirklich nahe. Ich fühle sie, und sie verleiht mir die Kraft“, sagt Großmutter Julieta.
Wenn man unter der Betreuung einer Curandera die heiligen Pilze isst, löst sich die oberflächliche Schicht des Bewusstseins auf, und die darunter liegenden Ängste werden freigelegt. Man öffnet sich bedeutsamen Visionen und erlangt mystisches Wissen, erklärt Großmutter Julieta. Der Übergang zu einem Stadium der tiefen Spiritualität schreitet in den Bereich des Transpersonellen fort und wird zu einer Erfahrung der Erleuchtung.
Eine Zeremonie kann sechs bis sieben Stunden dauern und wird mit Gebeten begonnen und beendet. „Damit die Arbeit gelingt“, erklärt Großmutter Julieta, „rufe ich Gott an. Danach danke ich dem Göttlichen dafür, dass es Licht in das Leben der Menschen gebracht hat. Die Menschen sind glücklich über die Weisheit, die sie gesammelt haben. Sie erheben sich zu Gott, um das Licht des Verständnisses zu sammeln.“
Die heiligen Pilze sind die „Medizin“ der mazatekischen Kultur. Sie werden als mächtige Ratgeber bei körperlichen Beschwerden, emotionaler Unausgeglichenheit und Spannungen innerhalb der Familie angesehen. Im Licht des Verständnisses für die innere Quelle der eigenen Anspannungen oder Krankheiten machen sie den Weg für die Heilung frei und bringen so den gesamten Organismus auf körperlicher, emotionaler, spiritueller und energetischer Ebene wieder ins Gleichgewicht.
Großmutter Julieta arbeitet mit Menschen, die an Aids, Krebs, emotionalen Erkrankungen, Immunschwächen, Magen- und Verdauungsproblemen, Hautausschlägen und verschiedenen psychosomatischen Symptomen innerer Unausgeglichenheit leiden. Da der Patient und der Heiler mit Energie und dem Geist arbeiten, können die Pilze in einem unausgeglichenen Organismus viele verschiedene Krankheiten heilen, im Gegensatz zu den vielen verschiedenen Medikamenten, die in der westlichen Medizin gegen jede einzelne Krankheit verschrieben werden. Für einige Patienten ist die Zeremonie ein Ort der Entfaltung und ein entspannter Zustand der Empfängnis.
„Einige Menschen können die Wirkung der Pilze nicht fühlen und ihr Herz und ihren Verstand nicht öffnen, um in die Welt der Reisen einzutreten“, erklärt sie. „Einigen hilft es, mit Tabak, den die Mazateken San Pedro nennen, zu arbeiten.“ Wie in vielen Traditionen, in denen heilige Pflanzen verwendet werden, wird der Tabak bei den Mazateken sehr verehrt und gilt als mächtiger Verbündeter bei der Arbeit mit den heiligen Pilzen. Die Anwendung von San Pedro ist ein wichtiger Teil der Zeremonie mit den heiligen Pilzen. Als Paste zubereitet, wird San Pedro unter Anrufung der Energie von Jesus Christus auf den erkrankten Teil des Körpers aufgetragen. „Die blockierte Energie beginnt, sich aus dem Körperteil zu lösen und bewegt sich erst durch die Beine und dann durch die Füße aus dem Körper heraus“, erklärt Großmutter Julieta. „Ganz gleich, um welche Krankheit es sich handelt, so werden die Menschen geheilt.“
In den Zeremonien in Deutschland arbeitet Großmutter Julieta nicht mit den Pilzen, vielmehr mit Gebeten, Ritualen und Geistigen Heilprozessen, in denen sie aus ihrer Verbindung mit der Geistigen Welt schöpft. Einige Monate später wird jedoch eine begleitete Heilungsreise zu Großmutter Julieta nach Mexiko stattfinden, wo die Arbeit mit den heiligen Pilzen im schützenden Rahmen ihres dortigen Heilungszentrums stattfindet.